Zynismus ist - "Die Welt so zu sehen, wie sie ist...!"

Zynismus ist - "Die Welt so zu sehen, wie sie ist...!"

29.09.2016 :: René H. Bartl

Während meiner Kindheit waren Zynismus, Ironie, Sarkasmus und Spott in unserer Familie eine gängige Umgangsform.

Bald habe ich bemerkt, wie sehr man Menschen damit treffen und verletzen kann. Das brachte mir dann auch die einzige Ohrfeige einer Frau ein, die ich je bekommen habe. Zynismus ist eine Haltung, Denk- und Handlungsweise, die durch beißenden Spott geprägt ist und dabei oft bewusst die Gefühle anderer Personen oder gesellschaftliche Konventionen missachtet. Es war für mich nicht einfach, mir diese verachtende Form der Kommunikation abzugewöhnen. Tief in mir drin ist sie aber immer noch fest verankert und ich muss mich darauf konzentrieren, sie nicht anzuwenden.

Wenn ich mich gedanklich mit der Menschheitsentwicklung auseinandersetze, kommt mir einiges an ihrer Prägung als sehr zynisch, ironisch, sarkastisch und voller Spott vor. Nachfolgend verzichte ich auf jegliche Beschönigung. Ich weiss, dass man alles auch schönreden kann und es auch die schöne Seiten der Menschheit gibt.

Unter Ironie verstehe ich, dass der Sprecher etwas behauptet, das seiner wahren Einstellung oder Überzeugung nicht entspricht, diese jedoch für ein bestimmtes Publikum ganz oder teilweise durchscheinen lässt. Sie kann dazu dienen, sich von den zitierten Haltungen zu distanzieren oder sie in polemischer Absicht gegen angesprochene Personen zu wenden. Da die Absicht eines Spottes nur dem Spötter selbst bekannt ist, ist eine Unterscheidung von außen äußerst schwierig. Den Begriffen gemeinsam ist die Tatsache, dass der Angreifer weniger Gegenangriffsfläche bietet, als wenn er sachlich vorgehen würde (auf Wikipedia z.B. kannst Du noch viel mehr und interessantes darüber lesen).

Als Philanthrop (Menschenfreund) und als Mensch für den Ungerechtigkeiten beinahe unerträglich sind,  muss ich über die Missachtung der aktuellen Situation in Drittweltländer oder von Krieg und Gewalt vertriebenen Menschen schreiben. Denn wer sich vermeintlich auf der Seite der Mächtigen, der Starken und der Sieger wähnt, kann morgen ein Mitglied einer "Randgruppe" sein. Ich denke nicht verachtend über "Randgruppe", denn ihre Systeme sind oftmals gefestigter und verbindlicher als jene der sogenannt integrierten und angesehenen Kreise.

Es erscheint mir als sehr zynisch, ironisch, sarkastisch und voller Spott wenn Völker der sogenannt "ersten Welt", deren Wohlstand und Vermögen vorwiegend in der sogenannt "dritten Welt" erbeutet wurde, heute nicht bereit sind etwas zurück zu geben. Es reicht nicht, mit Spendengeldern zu helfen, wenn etwas total eskaliert oder zerstört ist. Damit beruhigen wir zwar scheinbar unser Gewissen, demütigen die betroffenen Menschen aber gleichzeitig, weil wir ihnen zu verstehen geben, dass sie von uns abhängig sind. Nur die Einsicht, dass wir mit allen Menschen dieser Erde alles gleichermassen teilen müssen, ist ein Weg zum "Weltfrieden".

Haben sich nicht (z.B.) die Römer riesige Regionen zu Untertanen gemacht? Haben nicht die Portugiesen und Spanier die Kulturen in Südamerika ausgeraubt und zerstört? Haben sich nicht die Engländer in den Kolonien in Indien bereichert? Haben nicht die Holländer sich in Südafrika breit gemacht? Haben nicht auch die Schweizer ihre Verbrecher nach Amerika und Australien "ausgesiedelt"? Haben nicht die Franzosen unter Napoleon weit über Europa hinaus gewütet? Haben nicht die Deutschen im ersten und zweiten Weltkrieg für grösste Vernichtung gesorgt? Haben nicht die Amerikaner und die Engländer den Irak ihres Öles wegen in eine zerstrittene Region getrieben und dabei zuerst die Iraner als Freunde zugezogen. Freunde, die später wieder Feinde wurden? Haben nicht die Amerikaner während dem kalten Krieges die Taliban zu Kämpfer gegen Russland ausgebildet, die später ihre Feinde wurden? Haben nicht die Religionen andersdenkende zu bekehren versucht oder diese vernichtet? Haben sich nicht Menschen schamlos an Bodenschätzen bereichert und dazu andere Menschen ausgenutzt und deren Gesundheit zerstört? Noch heute graben Kinder, nach einem Einstieg durch enge Löcher, tief in der Erde nach jenem Gold, mit dem wir den Wert unseres Geldes absichern. Es gäbe unzählige weitere Beispiele, aber die sind den geneigten Leser und Leserinnen bekannt, wenn sie es wissen wollen.

Wie lange glauben wir noch daran, dass die Mächtigen und Reichen die Welt regieren und man mit Krieg Frieden erzwingen kann?

Wie lange überlassen wir die Armen, Leidenden und Hungernden ihrem Schicksal. Einst sagte mir ein junger Banker: "Es gibt eben Menschen, die leben zur falschen Zeit am falschen Ort." Er zeichnete eine Gerade und schnitt davon auf beiden Seiten einen Zentimeter ab. Seine weiteren Worte: "Sich für diesen beidseitigen Zentimeter einzusetzen ist sinnlos, denn sie werden es nie irgendwo hin bringen!" Ich ermahnte ihn mit einem brutalen Beispiel, welches aufzeigen sollte, wie schnell ein Mensch (auch er) zu diesem Zentimeter gehören kann: "Überlege mal was Dir geschehen kann, wenn Deine Frau vergewaltigt wird und sich nie mehr davon erholt oder wenn Dein über alles geliebtes Kind von einem Auto überfahren wird. Was wenn Du selber krank, schwach und hilflos wirst? Wärst Du in solchen Situationen nicht froh darüber, als Mensch von Menschen unterstützt zu werden? Freunde zu haben, die Dich auch dann "aus dem Schlamm" ziehen, wenn Du nichts mehr hast und nicht mehr weiter weisst?" Er war darauf bedacht, das Thema zu wechseln!

Wäre nicht in unserem System und auf der ganzen Welt Wiedergutmachung angesagt? Müssten nicht die heute reichen Länder und Menschen Verantwortung übernehmen? Es wird immer Menschen geben, die mehr haben als andere. Das ist aber nicht das Problem, sondern die Tatsache, dass die "Schere" zwischen Reich und Arm war schon immer gross und wird immer grösser wird. Wir sehen und wissen das alle, sind aber (noch) nicht bereit daran etwas zu ändern. Die Konsequenzen dieser Entwicklung wären spürbar, wenn man sie wahrnehmen möchte. Noch immer sind die Augen geschlossen.

Wenn wir in der Weltgeschichte zurückblicken, hat sich einerseits vieles verändert (Lebensstandarte, Wissen, Forschung, Medizin, Technik, etc.), andrerseits ist der Mensch so geblieben, wie er immer war. Hab- und machtsüchtig, gierig, egoistisch und vor darauf bedacht seine eigenen Vorteile in den Vordergrund zu stellen.

Wir sind nicht im Stande alle Menschen dieser Erde als gleichwertig zu betrachten. Wir sind nicht fähig Strassenkindern, Kindersoldaten, traumatisierten und hungernden Kindern eine Zukunft zu bieten. Ohne Schul- und Ausbildung werden sie auch nie eine Chance bekommen. Migrationsströme (die es immer schon gab), unbegleitete minderjährige Asylbewerber (UMA) werden als Bedrohung für den eigenen Wohlstand betrachtet. Anstatt diesen Menschen, neben Sprachunterricht, ein Studium oder eine Berufsausbildung und damit eine Grundlage für ein eigenverantwortetes und selbständiges Leben anzubieten, verbieten ihnen unsere Gesetze sogar das Arbeiten. Die meisten wollen etwas lernen und/oder arbeiten. Sie sitzen zwei und mehr Jahre gezwungener Massen herum, langweilen sich und werden zunehmend depressiver. Sie sind gekommen aus Angst vor Krieg, Vergewaltigung, Tötung, Folter oder weil der Krieg ihnen ihre Städte und Dörfer und damit ihre Existenz gestohlen hat. Sie sind mit der letzten Hoffnung jedes Risiko eingegangen, welches eine Flucht beinhaltet. Viele ihrer Landsleute sind gestorben oder irgendwo im Gefängnis. Es werden weitere noch grössere Migrationsströme folgen, denn die Meere werden ganze Inselgruppen überschwemmen, Ganze Ländereien werden austrocknen und unbewirtschaftbar sein. Menschen werden um zu überleben und wegen Hunger ihre Heimat gezwungener Massen verlassen müssen.

Und wir? Wir begnügen uns damit darüber zu schimpfen, dass fremde Menschen ihre Heimat verlassen, um sich bei uns aushalten zu lassen. In der Schweiz (aktuelle Zahl 2016) sind 1% der Menschen dem Asylbereich zuzuordnen (Quelle VIVRE ENSEMBLE - lesenswerte Broschüre zum Thema "Flüchtlinge - Fakten statt Vorurteile"). Und wir fühlen uns, unseren Wohlstand und unsere Kultur bedroht! Wie schwach und unsicher muss ein Volk sein, welches so fühlt! Die allgemeine Erklärung der  Menschenrechte (1948) sagt "Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu geniessen." Es gibt Kreise in der Schweiz, die diese Menschenrechte aufheben wollen. Warum? Sie haben offensichtlich die Arroganz anzunehmen, einer besseren "Rasse" anzugehören. Hatten wir das nicht schon? Ich denke da z. B. an die "Neger" die als rechtlose "Sklaven" nach Amerika geholt und ohne Menschenrechte und Würde ausgenutzt wurden. Noch heute werde Menschen als "Sklaven" missbraucht. Wir wissen es und tun kaum etwas dagegen.

Der Glaube an das Gute und die Liebe ist ein Fundament jeder Religion. Darin wären Wurzeln, die in ihrer Stärke zur Gleichheit und damit zum Frieden führen könnten. Die Menschen aber habe sich in religiöse Gruppierungen geteilt und auch hier das selbe Phänomen. Jede Gruppe glaubt vor Gott, Allah, Mohammed, oder wen auch immer, die einzig Wahre zu sein. Welcher Irrglaube, welcher Irrtum. Wenn sich alle Religionen und Glaubensrichtungen dazu entschliessen könnten, andersdenkende als Gleichwertig zu betrachten, wäre ein weiterer grosse Schritt zum Weltfrieden getan. Aber auch hier dasselbe Bild - "Hab- und machtsüchtig, gierig, egoistisch und vor darauf bedacht seine eigenen Vorteile in den Vordergrund zu stellen." Dafür wurden und werden Menschen ermordet, ethnische Säuberungen.

Eine kleine privilegierte Schicht der Menschheit strebt voller Ehrgeiz nach technischen und medizinischen Fortschritten. Die Entwicklung der computergesteuerten Roboter, die als Helfer und Unterstützer der Menschen dargepriesen werden, wird weiter dazu beitragen, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Wir investieren beispielsweise eine Milliarde (CHF 1'000'000'000.00 - Eintausend Millionen), in ein 10-jähriges Projekt, welches das menschliche Gehirn nachbilden soll. Seit drei Jahren sind keine nennenswerten Fortschritte erzielt worden und das Ziel wird wohl nie erreicht werden. Dieses Geld könnte besser in Menschen ohne Hoffnung und ihre Zukunft investiert werden.

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