Kids die keiner will!

Kids die keiner will!

29.09.2016 :: René H. Bartl

"Eigene positive und negative Lebens- und Berufserfahrungen selbstkritisch mit aller Härte reflektiert und in ein Lebensprojekt umgesetzt, kann zur Chance von vielen Menschen werden!“

Erschwerter Start ins Leben:

Mein früh bestimmtes Schicksal war es, dass ich mütterlicherseits als Kind eines Verdingkindes und väterlicherseits in die Geschichte einer abgestürzten Aristokratie hineingeboren wurde!

Meine Urgrosseltern mütterlicherseits lebten mit ihrer Familie am Wuhrweg in Sissach (BL), sie hatten drei Kinder. Der Urgrossvater war zeitlebens ein in Sissach geachteter Posamenter. Auf dem ausgebauten Estrich stand ein riesengrosser Webstuhl. Seinem Berufsstand getreu trug er immer seine flache Posamentermütze mit dem farbigen, seidenen Band rund herum. Bis 95-jährig half er auf Leitern steigend in der Kirschenernte mit. Als er in diesem Jahr ein Hörgerät erhielt, sagte er trocken; „jetzt glaube ich, werde ich alt“! Ich erinnere mich noch gut daran, dass er im 98. Lebensjahr an den Folgen einer Grippe starb. Er war zuvor kaum jemals ernsthaft krank. Das ganze Dorf stand an der Strasse, als der Trauerzug zum Friedhof marschierte, ich direkt hinter dem Sarg. Die vielen Menschen waren für mich ein besonderes Ereignis.

Mein Grossvater war ein besonderer Mann. Er war viermal verheiratet. Mit meiner welschen Grossmutter und ihren acht Kindern lebte er in Fleurier (VD), bevor sie auch in Baselbiet zügelten. Er war mehr ein Zigeuner, als ein sesshafter Mann. Wenn es ihm an einem Ort nicht mehr passte, pachte er seine wenigen Habseligkeiten auf einen Leiterwagen und marschierte mit seiner Familie los. Fand er einen leeren Schopf, bezog er ihn ohne zu fragen, bis er wieder weggeschickt wurde. Den Lebensunterhalt für seine Familie beschaffte er sich als Händler. Was nicht Niet- und Nagelfest war verkaufte er. Altes machte er so neu wir möglich, um es in Geld umzusetzen. 1928 haben sie meinen Grosseltern, zur Zeit der Kinder der Landstrasse, alle acht Kinder weggenommen, diese verdingt oder in Heime gesteckt. Meine Mutter war als ältestes der Geschwister gerade mal 12-jährig. Die Behörden kamen mit einem Bus und luden einfach alle Kinder ein. Onkel Willy, der jüngste Bruder meiner Mutter, war halbjährig und meine Grossmutter hielt ihn auf ihren Armen. Sie wollte ihn nicht weggeben. Da hat ihn ihr eine Frau aus den Armen gerissen und in den Arm meiner Mutter gelegt. Beide haben sie zu den anderen Kindern in den Bus verfrachtet. Meine Mutter erzählte immer wieder, wie sie zurückgeschaut habe und wie die Grossmutter schreiend und schimpfend hinter dem Bus her gerannt sei. So lange, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte. Getrennt von ihren Geschwistern wurde meine Mutter wurde ins Baselbiet verdingt. Viel Arbeiten, Schläge und wenig Schule war der Inhalt ihrer Jugendzeit. Mit 15 Jahren gebar sie, von ihrem Verdingvater missbraucht, einen Sohn. In ihrer Naivität wusste sie bis zum Tag der Geburt nicht, dass sie schwanger war. Mann hatte ihr gesagt, dass sie ein Magenproblem und Blähungen habe. Von einer anderen Patientin auf ihren Zustand angesprochen verneinte sie es schwanger zu sein. Bei der Geburt nahm man ihr den Sohn weg, ohne dass sie ihn je gesehen hatte. Als sie nach ihrem Kind fragte, erhielt sie zur Antwort, den könne sie nicht haben, er sei bereits einem Ehepaar versprochen. Für den Verdingvater hatte es keine Konsequenzen und meine Mutter musste dort weiterleben. Ihr erstgeborener Sohn war 45 Jahre alt, als er seiner Mutter das erste Mal begegnete. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Sie war derart auf diesen Sohn fixiert, dass ich mir noch ausgeschlossener vorkam als ich es ohnehin schon war.

Meine Mutter fristete ihr Leben als gelernte Glätterin, als Dienstmädchen und als Putzfrau. Bis sie während dem zweiten Weltkrieg im Aktivdienst meinen 15 Jahre älteren Vater kennenlernte. Sie hatte endlich jemanden, der sich um sie kümmerte und mein Vater heiratete eine Putzfrau. Er war der „Baron“ und wollte bedient werden. Holz, Kohlen und Brikette schleppte er ebenso wenig, wie er „Gschwellti“ ass. Nach seinen Äusserungen war dies der „Frass der armen Leute! Paradox war diese Aussage schon darum, weil wir selber kaum genug Geld zum leben hatten. Zusammen mit meinen fünf Geschwistern lebten wir u.A. im Gaswerkareal des Basler Rheinhafengebiet in einer Notwohnung und später in einer Wohnung der Stiftung für Kinderreiche Familien. Schwester Frieda, eine reformierte Ordensschwester versorgte uns immer wieder mit Essen und einem Notgroschen. Die Skier für ins Schulskilager konnten wir bei der Fürsorge abholen.

Meine Grosseltern väterlicherseits reiste aus Kernten (Österreich) kommend in die Schweiz ein. Als gelernter Bierbrauer eröffnete mein Urgrossvater ca. 1880 in Solothurn die damals ausserhalb der Stadt gelegene Brauerei Kardinal und später dazu das Rest. Krokodil in der Innerstadt. Mein Urgrossvater war schon Bierbrauer. 1889 wurde mein Grossvater in der Stadt Solothurn eingebürgert und entwickelte sich zu einem wohlhabenden Bürger. Er wurde sogar in den prominenten „Fischerclub“ aufgenommen. Sein damaliger Landbesitz umfasst heute einen Grossteil der Stadt Solothurn. Bereits 1901, im Geburtsjahr meines Vaters, besassen sie ihr erstes Auto, mit dem sie bei Überlandfahrten die Menschen in Angst und Schrecken versetzten. Wenig später starb eine seiner Schwestern im Kleinkindalter an einer Lebensmittelvergiftung. Das Dienstmädchen hatte übersehen, dass in der Milch, die sie ihm zum trinken gab, eine tote Maus lag. Als sozial denkender Mensch bürgte mein Grossvater vielen Kollegen bei Geschäftseröffnungen und anderen Gelegenheiten. Als im ersten Weltkrieg das Geld an Wert verlor und seine Kollegen ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten, musste er seine Verpflichtungen erfüllen und verlor sein gesamtes Vermögen. Damit verloren auch mein Vater und seine vier Geschwister ihre vorgedachte Existenz und ihr gesamtes Erbe. Nach seiner Internatserziehung und seiner Kochlehre hätte er in den elterlichen Betrieb einsteigen sollen. Zusammen mit seinem Bruder Hermann, ebenfalls ein Koch, arbeitete er im Speisewagen auf den internationalen Strecken Basel – Wien und Basel – Mailand. Er erzählte mir aus dieser Zeit viele Geschichten. Aus seiner ersten Ehe entstammten vier Kinder. Warum er seine Familie verliess, weiss ich nicht. Uns hat man immer gesagt, er habe eine „böse Frau“ gehabt. Mehr wurde uns nicht erzählt. Erst im Verlaufe vieler Jahre lernte ich meine Halbgeschwister kennen. Während den Krisenjahren hat mein Vater in einer Siloreinigungsfirma gearbeitet, damit er etwas verdienen konnte. Als Militärkoch hat er im Aktivdienst des zweiten Weltkrieges meine Mutter kennengelernt. Mit ihr hatte er noch einmal fünf Kinder.

Nach drei Töchtern war ich der erste Sohn und der vom Vater lange erwartete Stammhalter. Meine glücklichen Vorzeichen sind, dass ich ein Sonntagskind bin. Geboren Frühlingsmonat am 13ten des Jahres 1949, im Basler Frauenspital, um 09.00h. Gemäss Erzählung meiner Mutter hat zu dieser Zeit im Garten gerade die Heilsarmee gespielt und gesungen (vermutlich „Lass den Sonnenschein herein“!).

E

Dazu noch ein kleines Glücksspiel gefällig?

  • 1949 = 1 + 9 + 4 + 9 = 23 – 1 - 9 = 13!
  • 4 + 9 = 13!


Zusammen mit Sonntag, Frühling und 13 sind das doch gute Voraussetzungen.

Ich war eine Steisslage und der Eintritt in diese Welt entsprechend schwierig. Meine Mutter beweinte während Tagen meinen birnenförmigen Kopf! Als die Ärzte sie mit viel psychologischen Geschick beruhigt hatten, besuchte uns mein Götti, der Eduard Werkmeister. Ein Mensch ohne das geringste Mitgefühl für seine Nächsten. Er erblickte mich im Kinderbett, richtete seinen Blick in Richtung meiner Mutter und sagte: „Jesses Gott, was het denn dä für e Grind“! Da nutzten auch die psychologischen Kenntnisse der Ärzte nichts mehr und das Weinen begann von Neuem. Entsprechend den Voraussagen, hat sich mein Kopf nach wenigen Tagen in die mir noch heute wohl stehende Form verändert. Das wird wohl auch meinen Vater beruhigt haben.

Wie schon bei meinen drei älteren Schwestern erwies sich meine Mutter als mit viel Muttermilch beseelte Frau. Neben meinen täglichen Rationen konnte sie noch viel Milch im Kinderspital abliefern. Mit dem erhaltenen Geld konnte sie unsere spärlich vorhandenen finanziellen Mittel aufbessern. Ob sie dafür bei mir gespart hat weiss ich nicht mehr.

Dafür erinnere ich mich daran, dass ich ab meinem zweiten Lebensjahr in einer unkonventionellen Familienkonstellation aufgewachsen bin. Im Kindergarten meiner Schwester lernte meine Mutter einen Mann kennen. Er hatte auch vier Kinder und war mit seiner Familiensituation sehr unglücklich. Offensichtlich trafen sich zwei Leidensgenossen. Der Mann verliess seine Familie und wurde mein Onkel Fritz. Wieder erfuhren wir die Geschichte von einer bösen Frau! So lange ich mich erinnern kann, lebte er fortan in unserer Nähe und zügelte immer mit, wenn wir den Wohnort wechselten. Nach der Arbeit, tagsüber und an Wochenenden lebte er bei uns und die Nacht verbrachte er in seiner Einzimmerwohnung. In den Ferien begleitete er uns und teilte selbstverständlich mit meiner Mutter das Doppelzimmer, während mein Vater mit seinem Generalabonnement in Österreich seine Freunde besuchte. Mein Vater behandelte den Onkel Fritz wie sein zweites Dienstmädchen und wir hatten je nach Situation einen anderen Vater. Nie hätte jemand diese Situation in Frage stellen sollen, da hätten wir ganz massiv reagiert. Wir selber haben diese besonderen Umstände nie hinterfragt, wir hatten eben einen Vater und einen Onkel Fritz. Über mehrere Jahre lebte auch ein Bruder meiner Mutter in unserer Wohnung. Da wurde es doch etwas eng. Vor allem, weil meine Eltern das Schlafzimmer nicht teilten. Mein Vater bestand beharrlich auf sein Einzelzimmer, welches zeitweise auch unsere Wohnstube war. Und wenn mein Vater etwas wollte, dann bekam er es. Seine Meinung galt, egal ob es uns passte oder nicht. Er blieb auch in den ärmsten Zeiten ein Aristokrat. Nicht einmal dem Briefträger öffnete er die Türe, ohne weisses Hemd, Krawatte und Kittel. Wenn er das Haus verliess, dann nie ohne vollständige Bekleidung, mit Mantel, Sakko (Kittel), Krawatte, Krawattennadel, Manschettenknöpfen, Pochette (auch Kavalierstuch oder Stecktuch für Brusttasche in Männer-Sakkos), Hut und Stock. Letzteren schwang er derart elegant (mit vorgestopptem Zwischenschwung), dass er den Eindruck erweckte, aus bester Basler Familie abzustammen.

Unsere ganze Familie lebte daneben ein Leben in Armut. Neben der „Kindererziehung“ arbeitete meine Mutter auf der Lyss weiterhin als Glätterin und in verschiedenen Haushalten, Büros und Badeanstalten auch als Putzfrau. Neben seiner Anstellung als Mechaniker bei der Sandoz half ihr Onkel Fritz immer und überall bei der Arbeit mit. Aufgrund seiner gesundheitlichen Situation arbeitete mein Vater als Hilfsarbeiter in der Druckerei Birkhäuser in der Elisabethenstrasse.

In unverzichtbarer Kinderarbeit trug ich ab 12-jährig mit verschiedenen Arbeiten meinen finanziellen Beitrag an die Familie bei. Ich arbeitete in der Metzgerei Kuhn an der Flughafenstrasse als Ausläufer und putzte nach dem Feierabend den Kühlschrank und alle unzähligen weissen Tabletten aus der Auslage. Zum Fleischvertragen erhielt ich ein eingängiges Militärvelo. Mit einer grossen, keilförmigen „Chratten“ voller Fleisch am Rücken fuhr ich von Haus zu Haus und stieg unzählige Treppen hoch. Zusätzliches Geld verdiente ich als Putzmann in der Badeanstalt St. Johann. Die Gastarbeiter hatten damals keine eigene Waschgelegenheit in ihren Zimmern. So kamen sie zum Baden und Duschen in diese traditionsreiche Liegenschaft neben dem St. Jahannstor. Bei dieser Gelegenheit lernte ich meine ersten italienischen Worte „primo piano”. Die Männerabteilung war im Parterre und die Frauenabteilung im ersten Stock. Mit meiner „Italienischkenntnis“ konnte ich die Frauen nach oben schicken. Während der Lehre als Möbelschreiner musste ich meinen ganzen Lohn zu Hause abgeben. Mein Taschengeld verdiente ich mir am Donnerstagabend im Abendverkauf und am Samstag im Kaufhaus Börse an der Schifflände. Bei meiner Arbeit als Schreiner trug ich das übliche blauweiss gestreifte Überkleid und in der Börse Hemd mit Krawatte und eine weisse Schürze. Verkaufen durfte ich Meissener Porzellan, Geschirr, Porzellangläser und Garderoben. Es war auch selbstverständlich, dass ich hin und wieder mit der Mutter zum Büroputzen bei einem Patentanwalt mit musste. Während der Rekrutenschule erhielt ich einen Lohn für Unterstützungsbedürftige, wie sie das gemacht haben, weiss ich nicht.

In dieser oft doch angespannten Familiensituation blieben Schläge als Erziehungsform nicht aus. Mein Vater wollte mal Boxer werden. Er hatte Hände so gross wie eine Bratpfanne. Einmal schlug er mir bei der Küchentüre eine Ohrfeige. Wir hatten eine sehr lange Küche. Ich durchsegelte danach die ganze Küche und schlug mit dem Kopf am Fenstersims an. Als Mein Vater einmal den Onkel Fritz schlagen wollte, stellte ich mich als 14-jähriger dazwischen. Dafür setzte es für mich eine ab. Beatrice, die mittlere meiner Schwestern hatte sich dafür spezialisiert den Vater zu provozieren. Einmal trat ich im Erdgeschoss ins Haus hinein. Ich hörte meine Schwester schreien und raste die Treppen hoch. Sie beschimpfte mein Vater und der hatte soeben zum Schlag ausgeholt. Ich stellte mich (wieder einmal) dazwischen und verspürte die gesamte Handfläche in meinem Gesicht. Die liebe Schwester verliess den Ort des Geschehens lachend, ich nicht! Schläge setzte es auch ab, wenn mein kleiner Bruder weinte. Er schaffte es immer wieder Situationen herzustellen, in denen er der Geplagte schien und ich der Bösewicht. Einmal setzte er sich hinter dem Haus auf das Motorrad von Onkel Fritz. Es war ein Töff Marke Adler. Ich sa gerade noch, wie sich das Motorrad langsam zur Seite neigte. Es bestand die Gefahr, dass mein Bruder unter den Töff zu liegen kam. Ich rannte hin und hielt das Gefährt. Da ich noch zu wenig Kraft hatte, gelang es mir weder den Töff aufzustellen, noch hinzulegen. Mein Bruder rannte schreiend davon. Die Mutter kam runter, stellte den Töff gerade und knallte mir eine. Sie ging ja davon aus, dass ich der alleine Schuldige war. Einmal stellte sich mein kleiner Bruder vor die Hauseingangstüre als ich von der Schule nach Hause kam. Nach mehrmaliger Warnung schob ich ihn beiseite. Er schrie wie am Messer und ich fasste eine Ohrfeige, als ich im zweiten Stock unsere Wohnungstüre öffnete. Einmal ärgerte mich meine Schwester derart, dass ich ihr nachrannte. Ich fasste nach einem Stock und als sie zur Haustüre hineinrennen wollte warf ich diesen gekonnt hinterher. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass meine Schwester die Türe hinter sich zuzieht. Der Stock durchschlug die Glastüre und meine Mutter mir an den Kopf. So gäbe es viele Geschichten zu erzählen, bei denen ich mir oftmals als unfair behandelt vorkam.

eine Sozialisation meist ausserhalb der eigenen Familie, blossgestellt und ausgelacht im eigenen System, manifeste Suizidgedanken, Lebenserfahrungen gesammelt und Durchsetzungsvermögen geübt in Notwohnungen und auf der Strasse, vorwiegend auf sich selbst gestellt, gelernt sich ohne Unterstützung Erwachsener durchsetzen müssen, aus der Familie ausgeschlossen werden, eine gescheiterte Flucht ans Meer mit dem Ziel ein selbstbestimmtes Leben zu führen, beerdigte und auferstandene Träume, nach 35 Jahren gescheiterte Ehe mit zwei Kindern- Start in eine neue Lebensphase!

Früh geübter Verzicht. Im Vordergrund der Wille zu leben. Auch in schwierigen Situationen nie aufgeben. Immer wieder unmögliches wagen. Eigene Angst und Unsicherheit überwinden lernen. Als Überlebensstrategie immer eine positive Einstellung zum Leben und zur Arbeit behalten. Erfahrung aus der Privatwirtschaft (vom Möbel- und Bauschreiner bis ins Management) und im Heimwesen (vom Praktikant bis in die Heimleitung). Härte im Umgang mit sich selbst. Den Ehrgeiz gesetzte Ziele auch erreichen. Fähigkeit zu immer wieder kehrender Selbstmotivation. Permanent hohe Ansprüche an sich selbst und an sein Umfeld. Sich trotz einem scheinbar erschwerten Lebensstart zum Erfolg zu bewegen. Immer wiederkehrende Selbstzweifel überwinden. Erfolge zum Selbstmotivationszweck nutzen. Immer neue Projekte wagen, auch wenn mal etwas nicht so geht, wie man es sich wünschen würde. Eine eigene Familie gründen und Kinder haben als Lebenssinnthema. Kompromiss zwischen Familie und Selbstverwirklichung auch in schwierigen Zeiten. Bei allen Schwierigkeiten kompromissbereit und fröhlich bleiben. Auf das Lachen, das Singen und das Musizieren nie verzichten. Immer an eine neue Chance glauben, keine Sackgasse auslassen, nie aufgeben!

Ausgangssituation:

Unter Anderem aus diesen unvollständigen Aufzählungen lassen sich die Lebenstauglichkeit und die Kernmotivation für immer neue Lebensprojekte des Autors begründen. Ein psychologisches Gutachten von 1974 sagt unter Anderem aus, dass er unterfördert und alleine gelassen wurde! Derartige Erkenntnisse haben den Ehrgeiz gefördert. Wehe jemand sagt „Das kannst Du nicht“! Derartige Aussagen weckten immer schon den zusätzlichen Willen etwas zu wagen und kompromisslos zum Erfolg zu führen. Einschüchtern oder gar zu Resignation führen konnten derartige destruktive Fremdeinschätzungen nicht!

Gemeinschaftssinn lernen:

Viele Erfahrungen aus dem Leben, beim Spielen, in der Schule, bei den Wölfli, bei den Pfadfindern und bei den Rovern, im Handharmonikaclub, im Handball, beim Tanzen, mit den eigenen Kindern, unter Kollegen und Kolleginnen., aus den Berufen, aus Lehraufträgen, aus Ausbildungen und Weiterbildungen, aus philosophischen Wochen und aus umgesetzten Projekten sind die Grundlage zum in diesem Projekt beschriebenen Buch. Das Ziel ist es alles und immer kritisch zu hinterfragen, um immer noch besser zu werden. Rückschläge und Fehler dienen dem Fortschritt. Nur wer unbeirrt und dem Guten verpflichtet seinen Weg geht, wird erfolgreich sein. Im Leben des Autors profitierten immer Menschen in Randsituationen. Dass sein Werkin der Schweiz steht und nicht irgendwo im Ausland, begründet sich in seinem eigenen Leben. Er hat erkannt, dass es auch in der Schweiz Menschen gibt, die zum eigenen Wohlergehen und zum Wohlergehen der Gesellschaft auf Hilfe angewiesen sind. Es ist symptomatisch, dass Menschen die sich weit weg von ihrer Heimat sozial engagieren, zu Lebzeiten mehr Beachtung finden als Menschen, die sich im sozialen schlechten Gewissen ihrer Heimat einsetzen.

Der gesellschaftlichen Realität unbeachtet, hat sich der Autor schon in frühen Jahren dazu entschieden, sich in seinem Heimatland zu engagieren. Nicht die Lorbeeren locken, sondern der Stolz etwas Sinnvolles zu tun!

Einleitung:

Eltern haben eines gemeinsam, im Grunde ihres Herzens wollen sie gute Eltern sein. Bestimmte Lebensumstände erleichtern oder erschweren dies. Wenn man davon absieht, dass ein ungewolltes Kind bereits während der Schwangerschaft seiner Mutter unter erschwerten Bedingungen das Licht der Welt erblickt, bleibt doch die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Geburt keines so ist, wie es mal werden wird.

Ich stelle fest, dass viele Eltern zwar ein Kind haben wollen, den Belastungen der Erziehung aber nicht gerecht werden. Angst davor als schlechte Eltern zu gelten und die Kontrolle über ihr Kind zu verlieren.

Als Gründer und Stifter der Stiftung „Wohn-, Schul- und Therapieheim «WG-Guggisberg 77B» war und ist es mir wichtig, mich für Jugendliche einzusetzen, die aus ihren Familien, aus ihren Schulen, aus Heimen, aus Kliniken, etc. ausgeschlossen wurden. Kids also, die keiner will!

Die nächsten Stationen dieser Jugendlichen wären langjährig geschlossene Institutionen oder Gefängnisse! Ich habe festgestellt, dass es eine „Marktlücke“ gibt. Darunter verstehe ich eine Institution, die mit harter Konsequenz, einem klaren Rahmen, mit viel persönlichem Engagement aller Mitarbeitenden und mit unkonventionellen Methoden den Lebenskampf mit den Jugendlichen aufnimmt. Unter Erfolgsquote verstehen wir, dass Jugendliche nach der Zeit bei uns ihre Straftaten aufgearbeitet haben, keine neuen dazukommen und dass sie in ein Leben in Freiheit austreten können. Sie beträgt 85% bis 90%! Wenn man bedenkt, dass die Vollkosten in der Psychiatrie bis zu CHF 1'000.00 und im Gefängnis bis zu CHF 1'500.00 betragen, gehen die „Einsparnisse“ für den Staat durch unsere Institution in hohe Millionenzahlen!

Als im Jahre 2001 das Bundesgericht entschied, dass Jugendliche zu Recht für drei Monate aus der Schule ausgeschlossen werden können, habe ich mich auf Informationstour begeben. Fazit (schriftlich belegbar): Es gab weder Geld, noch Ideen und schon gar kein Konzept, wie diese Probleme gelöst werden können. Über ein derart oberflächliches Gerechtigkeitsempfinden und eine derartige Hilflosigkeit entwuchs bei mir ein grosser Ärger. Seit drei Jahrzehnten hatte ich mich in verschiedensten Projekten, in Referaten und an Weiterbildungen für Prävention eingesetzt und jetzt diese traurige Erkenntnis. Leidtragende sind natürlich in erster Linie die Jugendlichen selber, dazu ihre Familien und ihr gesamtes Umfeld. Hilf- und Ratlosigkeit im gesamten Umfeld der Jugendlichen. Es sprossen Angebote wie Pilze aus dem Boden, die meisten verschwanden so schnell, wie sie entstanden sind. Entweder sie fanden keine Unterstützung bei den Behörden und in der Gesellschaft oder sie hatten sich ganz einfach überschätzt.

Mein Entscheid war klar! Ich mochte mich nicht mehr lange an gescheiten und offensichtlich nichts bewirkenden Diskussionen herumschlagen, ich musste handeln. Beweggrund genug, um während zweier Jahre an einem Konzept zu arbeiten, mein Tagungs- und Bildungszentrum in eine Wohngemeinschaft umzufunktionieren und am 1. September 2003 die «WG-Guggisberg 77B» zu eröffnen.

Klar war für mich auch, dass die Institution klein (sieben Plätze), geschlechtsgemischt (Mädchen und Knaben) sowie total unabhängig sein muss. Letzteres bedeutet keinerlei Subventionen, sondern eine ehrliche und transparente Vollkostenrechnung. Die Jugendlichen müssen in einem sozialen Um- und Lernfeld integriert erfahren, was es „Zusammenleben“ bedeutet. Sie müssen sich mit ihrem eigenen sozialen Netzwerk (Familie) ebenso auseinandersetzen, wie mit ihrer Vergangenheit. Selbstbeweinung und eine ewige Trauer über die schwierige Kindheit und die Unfähigkeit der Erziehenden sind keine Grundlage für ein glückliches Leben. Im Gegenteil, alles was ich erlebt habe, hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin und jetzt, gerade jetzt, beginnt meine eigene Verantwortung. Ich bin der Autor meines Lebens, aus mir entsteht der Wille eine gute und lebenswerte Zukunft aufzubauen.

Warum arbeitet die «WG-Guggisberg 77B» so erfolgreich?

Unternehmerisches Denken und soziales Handeln:

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